Weinheim gegen Rechts!
Widerstand und Protest gegen den NPD-Parteitag in Weinheim vom 21. bis 22.11.2015
Nachdem (vorläufig) die letzten Zeilen in der Presse geschrieben sein dürften, hier nun unser Bericht zu den Gegenveranstaltungen in Weinheim zum NPD Bundesparteitag.
Klick auf das Bild um zum Aktionscamp zu kommen!
Für Samstagmorgen, 7:30 Uhr, war das Zusammentreffen und Zusammenrotten der Wampen, die mit dem Motorrad anreisten, geplant. Ausgerechnet für dieses Wochenende hat sich der Winter angekündigt. Es stellte sich doch ernstlich die Frage, ob das vielleicht was mit den Faschos in Weinheim zu tun hat. Egal, grundsätzlich sind wir ja winterfest...doch bereits beim Losfahren gab es erste technische Probleme. Die Batterie an Silkes Mopped hat den Temperaturumschwung wohl nicht ganz so gut vertragen. So sind wir dann gleich zusammen mit dem Gespann losgezottelt.
Rauf auf die A5 bis Weinheimer Kreuz. Nach etwa 15 km kann ich vor einem PKW mit Hänger einen Roller erkennen, den ich als den von Roland erkannte. Also zottel ich hinter dem PKW her, der den Abstand zum Roller nicht unbedingt großzügig bedacht hatte.
Nach fünf Minuten war es dem Autofahrer scheinbar zu dumm, ständig hinter einem mit Steigung langsamer und mit Gefälle schneller werdendem Fahrzeug zu folgen. Nachdem der Autofahrer mal ein wenig Gas gegeben hat, konnte ich mich dem Roller anhängen, der somit eine breitere Rückseite bekam. Kurz danach wurde die Rückseite noch breiter (...und vor allem auch heller...), als Horst mit Holger im Beiwagen aufgeschlossen haben. Gemeinsam fuhren wir so zum vereinbarten Treffpunkt. Dort warteten schon ein Motorrad und ein PKW auf uns.
Nach üblichem Begrüßungszeremoniell dauerte es nicht lange, bis die Cops mit zwei Motorrädern und zwei Wagen an dem unsrigen Treffpunkt stehen blieben.
Geht das denn jetzt schon los? Wir sind doch noch nicht mal richtig da!
Doch irgendwie wollten die gar nichts von uns. Zirka fünf Minuten später fuhr ein kleiner Konvoi mit vier PKW und einem Kleinbus in die Haltebucht ein. Recht schnell wurde klar, dass es sich dabei um eine Delegation der Faschos handelte. Sie unterhielten sich kurz mit den Cops und fuhren schließlich gemeinsam weiter. Wollen wir die Truppe blocken, gleich jetzt und hier? Mit sieben Hänseln die wir waren? Besser nicht, saßen doch in dem Kleinbus mit tschechischem Kennzeichen mindestens acht Böse-Gucker... Michel griff aber dennoch zum Telefon, um das Aktionscamp über den Vorgang zu informieren.
Da standen wir nun und harrten – doch leider kam nur noch H.P., der seinen PKW an anderer Stelle abgestellt hat.
Die B3 blockieren?
Mit drei Motorrädern, einem Roller, 6 Wampen und zwei Sympis?
Ein eher gewagtes Unterfangen...
-Planänderung-
Anfahrt direkt zum Aktionscamp um die Blockaden zu unterstützen.
Bis zum Camp war kein Vorkommen, also parkten wir unsere Fahrzeuge unmittelbar am Bahnhof und gingen die paar Meter bis zur Weschnitzstraße. Die Begrüßung vom Aktionscamp viel sehr herzlich aus, obwohl unser Plan mit der B 3 Blockade leider nicht gegriffen hat. Auch schien der kleine Nazi-Konvoi irgendwie recht unbemerkt durchgekommen zu sein. Zu hören war jedenfalls nichts mehr davon.
Zur Durchführung der Gegenaktionen zum Parteitag soll an dieser Stelle noch bemerkt sein, dass zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen drei Bündnisse parallel agierten. Zum einen das bürgerliche Bündnis „Weinheim bleibt bunt“ der Stadt Weinheim, dann „blockNPD“, der Antifa und dem „Guck hin Aktionscamp“ einem bunten Volk um die Gruppierungen Weinheim gegen rechts und Weinheim nazifrei, dem wir uns angeschlossen haben.
Leider, so haben wir zugetragen bekommen, war die Zusammenarbeit zu- und untereinander nicht immer die Beste. Auch aus den verschiedenen kolorierten Presseberichten ist dies im Nachgang zweifelsfrei zu entnehmen. Im Besonderen hat sich das bürgerliche Bündnis bereits bei ihrer Auftaktveranstaltung deutlich von den anderen Beteiligten abgegrenzt. Oberbürgermeister Heiner Bernhard hat dies auch in einem RNF-Interview deutlich zum Ausdruck gebracht.
Betrachten wir uns die räumliche Lage, so wäre die Zubringung der anreisenden NPDler von Süden über die B 3, deren Blockade wir nun in Persona mit unterstützen, eindeutig die einfachste Variante gewesen. Aufgebrochen wurde die Blockade meiner Kenntnis nach aber von der Birkenauer Talstraße, über die die Nazis von der Polizei dann zur Stadthalle begleitet wurden. Genau diese Ecke erwies sich im weiteren Tagesverlauf auch als der Hexenkessel an diesem Wochenende. Die Blockade unmittelbar an der B 3 neben dem Rednerpult des bürgerlichen Bündnisses aufzubrechen, wäre sicherlich nicht gut angekommen. Also haben Sie es an anderer Stelle getan und sind dabei unverhältnismäßig brutal vorgegangen.
Einen Bericht und ein Video dazu findet ihr unter: http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2015/11/22/massive-polizeigewalt-bei-block-npd-aktionen-in-weinheim_20713
Die Einsatzkräfte wirkten durchweg sehr gereizt und dünnhäutig, was uns auch ein Mitdemonstrierender der VVN bestätigte, in dem er berichtet, dass einer seiner Mitstreiter unmittelbar auf ein Rütteln am Absperrgitter mit Pfefferspray attackiert wurde.
Am Blockadepunkt angekommen mehrte sich auch langsam unsere Beteiligung. Johannes, der zuvor mit einem Tank Leck liegen geblieben ist, und Uwe, der von einer anderen Treffenszeit ausging, sowie Sedat, den eigentlich keiner erwartet hätte, stärkten die KW-Fraktion am Blockadezaun. Von hier durften wir beobachten, wie die Nazis gegen10:30 Uhr, nicht ohne uns vorher nochmal zuzuwinken oder die Faust zu zeigen, unter starkem Polizeischutz, begleitet von Pfiffen und Antinaziparolen, in die Stadthalle eskortiert wurden. Der große Spuk war jetzt erstmal vorbei - zumindest an dieser Stelle...
Die Teilnehmer des NPD Parteitages waren klar in der Minderzahl. Die Polizei hat auch hier wieder einer Minderheit, die die Rechte anderer Menschen nicht achtet, gegen eine überwiegend stille, auf jeden Fall aber friedliebende Mehrheit „geschützt“. Um denen, die mit Worten nicht gerade zimperlich umgehen, eine Bühne herzurichten, ist die Polizei sehr martialisch aufgetreten und hat auch vor dem Einsatz wie Pfefferspray und Schlagstöcke nicht zurückgeschreckt (Wie ein Polizist den Schlagstock ausgefahren hat, hatte wurde er gefragt, ob das denn notwendig wäre, meinte er: „jetzt nicht, aber gleich“) Obwohl einzelne Polizisten durchaus vernünftig wirkten, und das AntiKonfliktTeam unterbeschäftigt hinter den Blockierenden herumgelaufen ist, erschienen die vermummten Abteilungen der Staatsgewalt doch äußerst konfliktbereit.
Es war an der Zeit etwas Stärkung zu sich zu nehmen, so haben wir uns im Aktionscamp mit vegetarischem Döner (...hat besser geschmeckt wie es sich anhört...) und Kaffee eingedeckt. Schließlich kamen immer mehr Wampen in das Aktionscamp, so dass wir uns schließlich mit etwa zwei Dutzend Leuten an der Demonstration beteiligen und als Ordner auch sinnvoll einbringen konnten. Kaum waren die Faschos von der Gasse, schlug das Wetter um und verfolge uns auch auf dem kompletten Demonstrationszug mit kalten Regenschauern.
Trotz schlechten Wetters hatten sich viele hundert Teilnehmer gefunden, Einwohner von Weinheim genauso wie aus der näheren Umgebung, waren zusammen mit Freunden mitgelaufen um zu zeigen, dass Weinheim nicht den Nazis überlassen werden darf. Das AntiKonfliktTeam der Polizei war auch in der Demo völlig unterbeschäftigt. Wir haben während des Demonstrationszuges keine eingeschlagenen Fensterscheiben oder angepöbelte Passanten bemerkt. Nur die Polizeiautos haben vom Bahnhof zur Fußgängerzone reichlich gedrängelt. Der Typ, der uns die Ordner-Binden übergeben hat, war ziemlich locker und hat sofort angesagt, dass er die Demo auflöst wenn die Polizei Stress macht.
Gewaltbereit geht anders!
Nach gut zwei Stunden waren wir geschafft. Durchnässt bis auf die Knochen trieb uns nur noch der Gedanke an einen warmen Ofen, im Besonderen diejenigen von uns, die mit dem Mopped vor Ort erschienen sind.
Der Abschied vom Aktionscamp war leidlich, da wir sicherlich noch länger hätten Präsenz zeigen können. Dennoch war man uns wohlgesonnen und mit der Rückmeldung „Ihr seid die Geilsten“ scheinen wir auch ein positives Bild von uns zurückgelassen zu haben.
Danke an unsere Unterstützer aus Frankenthal, aus Mainz (die trotz des AfD-Aufmarschs in Mainz mit einer Delegation hier waren!), aus Stuttgart und aus Esslingen! Und Danke an unsere Sympis!
Ihr seid die Geilsten!
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
MC Kuhle Wampe Vaganten HD
Anmerkung:
Um Euch inhaltlich umfassender zu informieren was war, empfehle ich Euch:
http://www.jungewelt.de/2015/11-23/015.php
http://www.wnoz.de/Schulterschluss-beim-Protest-gegen-NPD-c16732af-8e5f-418a-9cd1-e4faac64ca0c-ds
https://linksunten.indymedia.org/de/node/159823