Tour de Pfalz 2025 oder: Das verflixte 7 Jahr
Entgegen aller Erwartungen hat sich die Ausfahrt in 2025 erheblich einfacher gestaltet wie die Jahre zuvor. Anfänglich hatten wir noch große Bedenken ob genügend Fahrer*innen und Fahrzeuge zusammen kommen um alle angemeldeten Teilnehmer*innen auch mitnehmen zu können. Diese Angst hat sich als unbegründet herausgestellt, da, wie die Jahre zuvor, mehr Fahrzeuge und Treiber*innen ankamen als angemeldet waren.
Eine deutliche Vereinfachung hat sich durch die Vergabe von „Gruppenkarten“ ergeben, durch die sich die Fahrer*innen zusammentun konnten, die sich bereits kannten oder zusammenfahren wollten. So waren es letztlich 40 Motorräder (mit und ohne Seitenwagen und ein Trike) die in fünf Gruppen mit jeweils 7 bis 8 Fahrzeuge (hart an der Grenze, aber gerade noch realisierbar…) die in der Pfalz unterwegs waren.
Vom Verlauf her war alles so wie in den Vorjahren, daher werde ich an dieser Stelle meinen Bericht einkürzen. Ich habe Euch „Ersatzweise“ den sehr schön geschriebenen Bericht von Justus aus 2017 hier mit angefügt und am Ende einige Bilder!
Viel Spaß beim lesen und angucken - und Danke für Eure Unterstützung!
Bis nächstes Jahr dann?
Grüße vom Vaganten-Michel
Eigentlich hatte ich den Ausflug mit Lukas geplant, dem gefälschten Russengespann. Weil dessen Hinterradbremse den Dienst aufgrund eines neudefekten Geberzylinders verweigert, disponiere ich kurzfristig um: die frisch erworbene Falcone wird durchgeschaut, mit Öl und Fett beworfen und für die Ausfahrt hergenommen.
Tina begleitet mich auf ihrer BMW R100 RT und wir machen uns auf den Weg zu Roger, den wir zu Hause auflesen. Als wir in Oggersheim bei der Lebenshilfe ankommen, sind etwa 30 Motorräder und Gespanne, überwiegend vom Motorradclub "Kuhle Wampe" vor Ort. Die Fahrgäste suchen grade ihre leihweise Schutzkleidung zusammen. T., für den die Veranstaltung ein Heimspiel ist, stößt dort auch zu uns. Damit ist die kleine "Kackstuhl Owners Group" Delegation vollständig.
Michel von den Wampen teilt die Fahrer in Gruppen ein, so dass jeweils ein Solomotorrad, dessen Fahrer Ortskenntnisse hat, eine Gruppe anführt, danach etwa sechs Dreiradler fahren, und ein Solomotorrad das Gruppenende flankiert. Der Schlussmann hat die Aufgabe, an Kreuzungen und Abbiegungen auf den Spitzenmann der nachfolgenden Gruppe zu warten, um danach wieder zu "seiner" Gruppe auf zu schließen. Ein hervorragendes Konzept für große Gruppen!
Eine kleine Abordnung von Harley Owners, die mit zwei Trikes und einer einsitzigen Solo dabei sind, aber keine Fahrgäste mitnehmen, verlangen, dass innerhalb der Gruppen nicht "Kreuz und Quer" gefahren werden soll. Ihr Vorschlag: "versetzt fahren!" geht in wilden Spekulationen darüber unter, wie man mit Gespannen auf den engen Sträßlein der Südpfalz wohl versetzt fahren könne.
Dann kommen die eigentlichen Hauptpersonen des Tages, und suchen sich ihre Chauffeure aus. Eine junge Dame mit mediterranen Wurzeln entscheidet sich für die Falcone. Sie hatte von dem Ausfahrtprogramm gehört und spontan zugesagt. Jetzt, kurz vor der Abfahrt verlässt sie der Mut und sie beginnt zu weinen. Sie hat Angst vor der eigenen Courage. Ihre Grossmutter, die sie hergebracht hat, Tina und ich trösten sie, und überreden sie, doch mitzumachen. Besonders Tinas Versprechen, immer in der Nähe zu sein, gibt ihr Vertrauen. Na gut, sie kommt mit! Unterwegs dreht sie sich immer mal um, und vergewissert sich, das Tina noch da ist. Auf den ersten zwei. drei Kilometern ist sie noch verspannt. Mit zunehmender Entfernung wird sie entspannter und befreiter.
Bei einer kleinen Raucherpause werden interessierte Kunden der Lebenshilfe alle Fragen beantwortet.
Wir fahren bei Kaiserwetter Richtung Höningen und dann quasi um T.'s Kloster außenrum, in den Wald zu einem Landschulheim (Rahnenhof), wo einige "Wampen" und ein paar Mitarbeiter der Lebenshilfe für uns grillen und gekühlte Getränke bereit halten. Zunächst weigert man sich standhaft, Geld für die Getränke und die Speisen an zu nehmen. Es kostet viel Überzeugungsgeschick, durchzusetzen, dass eine Spendenbox improvisiert wird. Am Schluss bekommt jeder Fahrer noch einen Tankgutschein. Na gut, die entsprechende Summe kommt in die Spendenbox ...
Ein junger Mann, der mit seinen Eltern soeben aus dem zweiwöchigen Elsass-Urlaub zurück kommt, und daher nicht am Morgen zur Abfahrt dabei sein konnte, stößt während der Pause zu uns. Er ist sehr motorradbegeistert, lebt aber in einer eigenen Welt, die sehr fröhlich ist, aber irgendwie parallel läuft. Die federführende Veranstalterin der Lebenshilfe, fragt, ob jemand bereit sei, eine kleine Runde mit ihm zu drehen. Na klar ist da jemand bereit!
Er hat eigens sein Kawasaki T-Shirt angezogen. Und er antwortet selten direkt auf Fragen.
"Bist Du schon Mal auf einem Motorrad mitgefahren?"
"Schöne Hose hast Du"
"Deine Mutter sagt, Du hast schon Mal bei einem Motorradhändler gearbeitet. Bist Du da schon Mal mitgefahren?"
"Kawasaki ist gut. Habt ihr eine Kawasaki dabei?"
"Ja ich habe mindestens zwei Kawasakis gesehen, aber schau doch Mal auf den Parkplatz"
"Zwei Motorräder. Zwei. Ich bin noch nie mitgefahren."
"Na dann zieh Dir bitte eine lange Hose an, dann nehme ich Dich mit."
"Zwei Motorräder"
Die Veranstalterin bringt einen Helm und eine Jacke.
"Willst Du lieber Solomotorrad fahren, oder Gespann?"
"Solomotorrad. Meine Cousine heißt Gabi"
"Ich hab aber keine Kawasaki. Fährst Du auch auf einer BMW mit?"
"BMW ist gut. Gabi heisst sie."
Wir gehen zum Parkplatz. Ich setze mich auf die BMW, klappe die Fußrasten herunter und bedeute ihm, auf zu sitzen. Einer der Wampen hilft ihm, weil er nicht recht weiß, wo er hintreten soll. Wir zeigen ihm, wo er sich festhalten kann. Vorne an meinem Bauch, oder hinten am Haltebügel. Er klammert sich lieber an meine Unterarme.
"Nicht so schnell. Wir fahren nicht so schnell."
"Nein, wir fahren schön langsam!"
"Nicht so schnell. Sie heisst Gabi."
"Ist OK, wir sind schön vorsichtig."
Ich lasse es bei 30 bewenden. Er hört nicht auf, seiner Furcht Luft zu machen:
"Nicht so schnell.
Ich bin geschützt.
Wir fahren nicht so schnell.
Sie heisst Gabi, Gabi heisst sie.
Nicht so schnell
Nicht so schnell.
Ich bin geschützt ..."
Wir fahren etwa 2 Kilometer mit maximal 30 und ohne Schräglage auf der BMW. Wichtig war dann, an allen anderen vorbei zu fahren, und zu winken. Da war die Angst verflogen. Wieder am Parkplatz entscheidet er sich dafür, noch eine Runde im Gespann mit zu fahren. Das geht etwas besser, aber auch nur bei der Winkestelle ohne Angst.
Auf dem Rückweg ist mein ursprünglicher Fahrgast komplett entspannt und schläft erst einmal eine halbe Stunde im Seitenwagen.
Wieder zurück wird die junge Dame von ihrer Mutter und ihrer Großmutter abgeholt.
"Und? Hat sie nochmal geweint oder gekrischen?"
"Nein, ich glaube, es hat ihr sogar Spass gemacht"
Heftiges Kopfnicken. Leuchtende Augen.
"Sie ist unterwegs sogar eingeschlafen, so entspannt war sie."
Wieder heftiges Kopfnicken. Immer noch leuchtende Augen und ein fröhliches Lächeln.
Die Mutter sagt:
"Dann kann ich ja das nächste Mal auch mitfahren!"
"NEIN! Ich will alleine fahren!"
Sie wird wieder dabei sein.
Ich auch.
Hier zum Bericht 2017!
Hier die Bilder 2025!
In Erinnerung an die Mitstreiter, die uns verlassen haben!